Selbst das Kacken fällt bei dieser Hitze schwer

strandidyll_258px3Später mehr dazu. – Jetzt ist es noch heißer! Hochnäsiges junges Fleisch vor mir, am Mittelmeer. Wenn sie nur ihre Fressen hielten und ihre Finger vom Radio ließen! Ja, es ist hell, grellhell, und es ist heiß, hirnaufweichend heiß. Der Strand lebt von Leuten wie mir: Habenichtse und Minutenmillionäre. Ein Bier, ein kühles, blondes, schwitzendes Bier, bitte!

strandidyll_258pxSoviel junges, nacktes, schwitzendes Fleisch! Unerträglich viel davon in unerreichbarer Nähe. Und neben mir liegt eine Frau, die alles für mich tut. Sogar zum Strand fahren und In-der-Sonne-braten. Nur besteigen darf ich sie nicht. Dafür kommt sie zu weit aus dem Süden, zu weit aus Afrika, um genau zu sein. Und jetzt nervt auch noch der Sand! Als ob ich es vergessen hätte, wie anstrengend ein Strand sein kann. Halbstarke lassen ihre Energien an einem Ball aus. Armer Ball! Ich hasse den Strand, die Sonne, die Leute, kurz: das langweilige Strandleben.

strandidyll_258px2Verdammt, Nixen und Amazonen kommen aus dem Wasser! Ich traue meinen Augen kaum. Und noch ein Wunsch geht in Erfüllung: Kaltes Bier aus der Kühlbox. Jetzt kann nichts mehr schiefgehen. Selbst Bälle, die wie Bomben, wie Granaten auf mich fallen, kreischende Kinder und Radios können mir nichts mehr anhaben. Das Bier besänftigt, das Bier hat mich im Griff. Nun, es könnte auch ein Pils sein, aber: ruhig Brauner! Der Tag wird kommen, der Tag ist nah, die Heimat ruft. Sie verlangt nach mir, nach meinen schweren Schritten, nach dem Gestank in meinem Schritt.

Rüdiger Saß

geboren 1966 | Wohnhaft in Hamburg | Soziologe | zuletzt erschienen: Neues von der Heimatfront (Roman). Bench Press Publishing, 2008. Siehe auch www.myspace.com/leereimer - Noch zu haben: Nachtstühle - Erzählungen und Prosa

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