Speedway to Hell

Follow them!

Okay, pass auf. Da hinten, nicht zu schnell, vooorsichtig, Mensch, pass doch auf. Die Typen müssen sich in Sicherheit glauben, wenn sie uns entdecken, ist alles aus. Rallst du das nicht, oder wie? Hey! Jetzt geh vom Gas, Junge, vom Gas! Was ist d … Scheiße! Scheeeiße! Der ist ja tot! Wer hat denn den so schnell gelöscht, verd … Hey! Wach auf, Junge. Wach auf! Ich will nicht dass du im Absorber landest, hörst du? Ach, Shit! Schnell irgendwie an den Gashebel rankommen. Irgendwie. Das muss klappen, verdammt noch mal. Die anderen, wo sind die anderen? Ich kann nichts sehen, das macht mich verrückt. Erst mal anhalten. So’n Mist, jetzt sind die Typen natürlich weg. Mit der Kohle, und den ganzen Tech-Pillen, die sind bestimmt schon irgendwo untergetaucht. Dafür werd ich wohl kein Verdienstkreuz bekommen, höchstens daran aufhängen werden sie mich, die großen Bosse, die Politiker, diese scheiß Brothers – Brüder sind sie genau so viel wie Hochhäuser Sozialgefühl besitzen – verdammte Scheiße.

Keep cool bul not quiet.
Anhalten. Anhalten, bloß anhalten. Erst mal ’ne Pille schlucken. Das macht mich wieder einigermaßen locker. Das Türfeld entmagnetisieren. Aussteigen. Ohne die Pille hätt’ ich kotzen müssen, aber so … ist schon okay. Wir werden das irgendwie durchstehen, was, alter Kumpel – guter alter Kumpel, du wirst mir fehlen, verdammt noch mal, du wirst mir fehlen …

Ohne Timelag seinen Körper rauszerren, nur mit Stoff bezogen, ohne Anzug zerfressen die Chemosäuren seine Haut, schrecklicher Anblick. Schnell runter vom Speedway, das einzige ist der Fluss, da wird ihn keiner finden, es gibt viele Kannibalen, zu viele davon.

Davonfahren. Den Sorgen, Problemen, einfach weg hier, irgendwohin, the holy land.

Ich hab keine Pillen mehr – Probleme, und Null Pillen. Jetzt muss ich auch noch zum Shop, in meinem Zustand, in meinem Zustand zum Shop, der Keeper wird glotzen, ich muss doch zum Dienst …

Keeping shops and secrets.
Egal, der nächste Shop ist dreihundert Meter weiter, irgendwo links, die Automatik findet den schon, verdammt, warum kann man diese beschissene Automatik nicht auf die Outlaws einstellen, Maschinen können die Scheißkerle viel besser verfolgen als ein toter Cop.

Ich könnte sie alle ins All kicken, diese Schwänze, hätten die mir das vorher gesagt, bevor ich den Job angenommen hab, dass hier bald alles den Bach runterläuft, verdammt, ich wär doch nicht so verrückt gewesen, anzunehmen, zu unterschreiben, die spinnen doch, die Typen, die spinnen doch – und der arme Junge würde noch leben, aber ich hab’s nicht gemerkt, war zu beschäftigt, hab’s nicht gemerkt, dass jemand ihn gelöscht hat – verdammt noch mal.

Die Finger zittern, klopfen bei rot aufs Steuer, auf Metall klingt das irgendwie ganz schön komisch, kann mich nicht daran erinnern, wo ich das her hab’, da bekomm‘ ichmanchmal so seltsame Visionen,müssen wohl die Drogen sein, aber was denn bloß für welche, wo ich so was wie Tech doch nie anrühren würde, vielleicht hat’s mir jemand untergemischt, irgendwo in ’nen Drink rein, auf ’ner Party, davon gibt’s viel zu wenig, würde gern mal wieder ’n bisschen feiern geh’n …

Grenzlichter machen den Anfang.
Da ist der Shop. Leuchtet wie ’ne Sternschnuppe, als ob er was besonderes wäre, einer von dreihundert in der ganzen Scheißstadt, aber okay, erst mal rein gehen.

Die Blagen da in der Ecke gucken, als hätten sie irgendwas vor, aber da sollen sich die anderen drum kümmern, ich bin jetzt zivil – in Uniform zwar, aber innen drin zivil … Verdammt! Mir ist gerade mein bester Arbeitskollege abgekratzt, da darf ich mal ’n bisschen ausflippen, oder etwa nicht?

Eine Packung Lights, ja hast richtig gehört, Lights, nicht die harten, sondern die leichten, deswegen heißen sie ja Lights, na also, warum nicht gleich so, und das „Tschüss, du scheiß Cop“ kannste dir an den Arsch kleben, du Bastard, ich kündige, morgen kündige ich, dann woll’n wir mal seh’n, wer hier wen anscheißt, ja, du mich auch, du Wichser.

Endlich wieder draußen, ich glaub, die Blagen haben was mitgehn lassen, die haben abgewartet, bis ich weg bin, mal umdrehn, mal schauen, ob sie sich wirklich getraut haben, gehört schon Mut dazu, hätt’ ich mich früher nicht getraut, so was – na bitte, weg sind sie, hab ich’s mir doch gleich gedacht. Scheiß Blagen, sind alle dunkel, zu dunkel.

Runter damit!

Okay, wohin jetzt, so ’ne Scheiße, mir steht der Kopf überall, nur nicht am Hals, der ist zu dick, ich hab so nen dicken Hals, ich weiß nicht, warum, verdammt, warum, die Pille, wo ist die Pille, ich nehm’ gleich zwei – schon besser. So geht’s. Lässt sich aushalten, ohne Pillen wär’s der Horror hier. Verdammt, da treibt’s mir die Tränen in die Augen, zur Hölle damit – gerade hab ich meinen besten Freund verloren, wie soll ich jetzt nur arbeiten …

Hoffentlich ist bald Wochenende.
Aber das wird bald auch noch gestrichen, ich glaub’s nicht, dann sind sie alle Verbrecher in dieser Scheißstadt, morgen kündige ich, dann könnt ihr mal sehn wie ihr eure Probleme gebacken kriegt, ohne mich, das sag ich euch, da gibt’s irgendwo bestimmt was besseres, irgendwo, verdammt noch mal, ich werd auswandern, das werd ich, diese neue Welt wartet doch nur auf Typen wie mich, verdammt, so ’ne Scheiße, ich kann nicht mehr, will nicht, wo sind die Verbrecher, diese Dealer, denen werd ich eins überbraten, dass sie nicht mehr wissen wohin, die sollen was lernen, so nicht, nicht mit ’nem Cop …

Losfliegen, um die nächste Ecke, überall sind Verbrecher, warum nicht einfach alle überfahren, die sind’s eh nicht wert, ich will weg, weg, bloß weg, verdammt, auswandern, verdammt noch mal, auswandern!

Anhalten, aussteigen. Da ist das Büro. Schön locker machen. Guten Morgen, ja, alles gut gelaufen, die Verbrecher – alle tot, ja, gelöscht. Notwehr war’s, was sonst, kann ja mal passieren … Aber ja, Sie haben Recht, absolut sogar – dumm gelaufen, das ganze, was soll’s, die wachsen wieder nach, wie Unkraut, ja, der andere kommt noch, irgendwann …

Kicking empty cans, just around the corner, maybe you look on me as a lonesome mourner … Away, away … nothing left to say. A way, away … I am far away …
(Deine Lakaien, ‚Away‘)

 



Bücher von Sven Klöpping:


Menschgrenzen

Sven Klöpping

Sven Klöpping wurde 1979 in Herdecke/ Westfalen geboren, absolvierte eine Ausbildung zum Juniortexter in Münster, Koblenz und Frankfurt, war gern in Dortmund und lebt heute im Schwarzwald. Er veröffentlichte zahlreiche Kurzgeschichten und ist Herausgeber von www.lyrikonline.eu. Aktuelles Buch: Menschgrenzen

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