Die Flecken auf Zimmerdecken
Ich halte mich für keinen großen Trinker
aber ich erinnere mich noch
wie ich mit achtzehn nach Hause fuhr
die Flasche unterm Sitz hervorholte
nach oben auf mein Zimmer ging
das Fenster öffnete und mich in den Rahmen
platzierte, den letzten Schluck
unterm Mond trank und mir
wieder über einige Dinge
ein Stückchen
klarer wurde.
Natürlich ist Trinken
wie das Denken
ein Balanceakt
ein Kampf mit dem Küchenmesser
auf dem Blitzableiter
und verloren
hab ich mehr als bloß
die Fahrerlaubnis
nach einer sechsmonatigen Steigerung
lief ich neben jeder Spur
die Stadt eingestürzt
der Asphalt aufgerissen
alles verschlungen…
Wer braucht schon einen Grund?
Heute noch
zwölf Jahre später
bleibe ich an manchen Tagen
einfach auf der Matratze
heble ein Bier nach dem anderen auf
und verdaue den Anblick
der fleckigen Zimmerdecke…
Vielleicht ist es gut, dass es
nicht leichter wird? Man kann
nur leichter damit umgehen.
Wie dieser frischgebackene Psychologe
auf der Party sich die Lippen leckte:
„Nun, da sollten wir aber mal
dringend einen Termin vereinbaren“,
sagte er.
„Du kannst dir den Löres auch
mal schön inne Fassung schrauben“,
sagte ich, „dann knips ich dir mal
das Licht an!“
Das will denen einfach nicht in den Schädel
wie man so seien kann; so
ganz ohne lohnende Aussicht
auf einen wunderschönen
goldrandverzierten
handbemalten
Topf
zum Reinpissen
und ich frage mich
haben diese Leute nie
an Zimmerdecken gestarrt
nie die Krümmung des Raumes gespürt
während das Leben einem
mit der Absicht eines behinderten
Kindes ins Gesicht lacht
haben die denn nur
ihre Bücher gelesen?