Monumente

der größte schmerz, ausgelöst durch einen kuss, war anstoß in den bus zu steigen und zu beginnen. am bahnhof lechstraße startete ich meine reise zu einem ort, an den ich mich vom drachensteigen her erinnerte. die linie 8 fuhr mich zum fuß des brandlbergs, den ich schwer stapfend hinauf lief. auf der kurzen fahrt bedachte ich nochmals robert smithson, truman capote und vielleicht auch stanley kubrick. der weg zu diesem geheimnisvollen land gabelte sich vor meinem auge. trüb schien der winternachmittag auf meine linse und die kamera kinoisierte den ort, als wäre er das abbild eines filmes. gar nicht real, zeugte die gerade von den resten der modernen zivilisation – einer kirche – und die abbiegung nach rechts führte in ein verbotenes land. ein schild: nicht betreten, strafe. ich tat es trotzdem, denn ich war mir nicht sicher ob auch ich, oder nur schwere maschine nicht erlaubt war. ein matter feldweg führte mich in die weite ebene. ich schaute links und rechts und sah nur entropie. als hätte diesen ort, inmitten wohnhäuser und kalkwerk, die zeit vergessen. ruhig saß die weide, ruhig alle kargen bäume und im hintergrund wehte der canyon stumm. das erste monument machte es mir klar: zukunft und vergangenheit vereinten sich hier. denn wer sollte es erschaffen haben? ich konnte es mir nur als werk einer außerirdischen intelligenz oder dem meiner urahnen erklären. das nämliche schildkrötenmonument erstreckte sich wie ein riesiger ameisenhügel am rand des weges in den abgrund. leise betend wirbelte die silbergraue einöde um mich und ich sah ein paar minuten auf den boden. ich dachte wieder an diesen kuss und an den zweiten und wie dieses amouröse haus, dass ich ein paar wochen lang zu erbauen schien an diesem abend getauft und sofort wieder eingerissen wurde. ich erspähte den weg, der mir schien als führe er mich somewhere. zunächst musste ich an einem prähistorischen rammbock vorbei. er war übersät mit drakonischen stacheln, die seine feinde entzwei reißen würden. unten im tal stand – verkleidet als dinosaurier – ein kettenradbagger. erst jetzt erkannte ich den weg wieder. war ich schon einmal hier gewesen? diese allee aus gestrüpp wuchs über mich und nichts außer macheten und vielleicht die kraft der liebe konnten mich wieder befreien. nicht einmal mehr den himmel sah ich. ich bog um die ecke und das nächste monument – nein – die nächsten monumentE bäumten sich schier auf. in fraktalischer selbstähnlichkeit bildeten sich die haufen voneinander ab. ehrfürchtig tastete ich vorbei und rätselte um ihre rituelle bedeutung. hatten sie einen mathematischen code? einen rhythmischen oder geometrischen schlüssel? nichts, aber auch gar nichts zeugte hier von menschheit – aber in irgend einer weise mussten sie doch entstanden gewesen sein? sollte es hier, auf dem heiligen berg etwa möglich sein das göttliche selbst zu sehen? immer noch betäubt kam ich in die lichtung, die ein mystisches tal war. schließlich traute ich meinen augen kaum: aus einer ungeordneten steinansammlung, vermutlich jahrtausende alt, ragte eine spiralmole in miniatur. gespiegelt und durch ihr kleines format umso mehr abstrahiert. was sollte sie mir sagen? dass sich die inflation von natur, zeit und übermacht hier umkehrte? dass ich zurück sollte in die zivilisation, nicht mehr nachdenken über diesen kuss, dass ich vergessen sollte und vor allem mich nicht selbst richten? an diesem nachmittag, es war ein donnerstag, wollte ich nur noch schlafen. ich träumte wieder und wieder von diesem kuss und stellte fest, dass die entropie nichts weiter als eine glückliche illusion zu sein scheint und dass ich trotzdem nicht weniger unabhänig von zeit, raum und mystizismus bin, aber ungebrochen fühle und fühle und fühle. 
gabelung

gabelung

canyon

canyon

schildkrötenmonument

schildkrötenmonument

allee

allee

hügelmonumente

hügelmonumente

spirale

spirale

Flamingo

Leicht adipöser Flamingo. 1990. Isst manchmal Neon. Zu finden auf http://neonflamingo.de/

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